Besançon

Wenn alles klappt, lest könnt ihr dies hier noch am Freitag Abend lesen. Ich schreibe dies hier noch in meiner Wohnung, aber ich habe vor, gleich noch in die Bar Le BMC zu gehen. Dort laufen recht oft Fußballspiele, und da Frankreich erst morgen spielt, zeigen sie vielleicht heute Abend das Spiel Deutschland – Türkei. Aber ich würde mir auch andere Länderspiele anschauen; ein bisschen Fußball kann ja nie schaden.

Am Dienstag war, wie ich bereits erwähnt habe, mein stage in Besançon. Offen gestanden hat es nicht besonders viel geholfen; wirklich gut war nur, dass man mal die ganzen anderen Assistenten in Franche-Comté kennen lernen konnte. Aus meiner Sicht waren das überraschend wenige. Ich glaube, es waren elf deutschsprachige Assistenten. Englischsprachige Assistenten waren es deutlich mehr, aber auch einige spanischsprachige Assistenten sind dabei und zwei aus Italien.

Das stage begann mit dem petit dejeuner, also mit Frühstück. Anders gesagt: Die erste halbe Stunde hatte keinen Programmpunkt, man konnte nur rumsitzen und essen. Prinzipiell zwar schön, da man so Zeit hatte, die anderen Assistenten kennen zu lernen, aber irgendwie auch sinnlos. Ich hätte lieber eine halbe Stunde länger geschlafen; ich musste ja schließlich schon recht früh los, da man von Lure nach Besançon schon eine gute Stunde fährt. Netterweise hat mich mein Navi übrigens nicht auf die Autobahn geleitet, sodass wir keine Maut zahlen mussten.

Dann ging es weiter. Wir wurden in einen großen Saal geleitet, in dem uns dann alle Leute vorgestellt wurden und in dem wir dann auch ein wenig über den weiteren Tagesverlauf erfuhren. Es wurde aufgeteilt zwischen EU-Einwohnern und Nicht-EUlern, da diese ja auch noch Fragen in Sachen Visum zu klären hatten.

Wir Deutschen wurden dann von zwei Frauen betreut. Bevor wir den großen Saal verließen, konnten wir uns noch mit einigen Werbebroschüren über Franche-Comté eindecken und bekamen auch die Unterlagen zum MGEN. Das ist die Sozialversicherung, die alle Assistenten verpflichtend abschließen müssen. Eigentlich sollten wir – dachte ich – bei diesem stage nähere Informationen zu dem ganzen Versicherungskram bekommen. Es kam jedoch ein wenig anders: Während die Nicht-EU-Gruppen tatsächlich über diesen Kram informiert wurden (es waren also Leute von der Versicherung da), wurden wir Deutschen hierbei ausgelassen. Die Begründung: Letztes Jahr wussten angeblich schon alle Deutschen über das MGEN bescheid, weswegen man dachte, dass diese Veranstaltung für uns dieses Jahr nicht nötig sei. Toll. Eigentlich war das für mich einer der Hauptgründe für dieses stage. Tatsächlich hatten dann eine ganze Menge Deutsche die ein oder andere Frage, weswegen wir uns dann improvisierter Weise zu einer anderen Gruppe in gesellen konnten, sodass wir dann doch noch zumindest einigermaßen die nötigen Informationen bekamen. Schlussendlich muss man sagen, dass das MGEN nicht so extrem kompliziert ist; es sei denn, man möchte noch Zusatzversicherungen abschließen, was ich aber nicht tun werde, da ich alles, was die MGEN nicht übernimmt, bei meiner Versicherung in Deutschland einreichen kann.

Was bei dieser improvisierten MGEN-Veranstaltung dann auch lustig war, war die Art, wie die beiden Frauen Französisch sprachen. Die eine war eben von der MGEN, deren Französisch war eine echte Katastrophe. Man konnte fast nichts verstehen. Die zweite Frau wiederum war von der académie Besançon oder von der Schule; sie war sich also sehr bewusst, dass vor ihr nur Ausländer saßen. Sie erklärte dann das Wesentliche immer noch einmal, aber gaaaaaanz laaaangsaaam. Und zwar so, als säßen vor ihr nur Dreijährige. Ich will mich ja nicht beschweren, aber ein bisschen Französisch können wir alle ja schon…

Im Grunde war das auch schon der ganze Vormittag. Ich fand das so weit ziemlich unorganisiert. Wir Deutschen stellten uns vorher noch alle kurz untereinander vor und sagten, wie es uns bisher gefällt. Den meisten gefiel alles bislang auch echt gut; nur eine hatte offenbar ziemliche Probleme mit ihrem Zimmer. So wie ich es verstanden habe, wohnt sie in einem Wohnheim der Uni in Besançon. Das Zimmer wurde von ihrem Vormieter in katastrophalem Zustand hinterlassen; offenbar stinkt es bis heute stark nach Urin. Da sie aber schon ein wenig renoviert hat, will sie das Zimmer nur ungern wechseln und offenbar wurde ihr dann gedroht, dass, sollte sie sich weiter beschweren, ihr Zimmer einfach abgeschlossen wird und sie sich eine andere Bleibe suchen darf. Manchmal sind Menschen echt komisch. Ich persönlich kann mir aber irgendwie nicht vorstellen, dass ich dann so eingeknickt wäre; hierbei handelt es sich ja echt um eine Frechheit und ich persönlich finde, dass die Verantwortlichen hierfür gerade zu stehen haben und gerade bei solchen Drohungen sollten die dann aufs Feinste verklag werden.

Dann war offiziell eineinhalb Stunden Mittagspause. Der Franzose braucht da seine Zeit. Da wir durch all das Nichtstun aber schon hinter unserem Zeitplan lagen, wurde unsere Pause auf gerade mal eine Stunde gekürzt. Das war schon knapp; wir hatten gerade einmal eine halbe Stunde, um sinnlos in der Schulkantine herumzusitzen.

In den Schulkantinen in Frankreich gibt es immer Drei-Gänge-Menüs. Also eine kleine Vorspeise, meist Salat, in dem Fall gab es auch mit Käse gefüllte Teigtaschen (keine Ahnung, was das für ein Käse sein soll, schmeckte eigentlich ein bisschen wie kaum bis gar nicht gesüßter Vanillepudding), dann den Hauptgang, in dem Fall ein Hähnchenschlegel mit verkochtem Gemüse. Die Dessertauswahl war an der Schule (die übrigens unfassbar groß ist) recht groß; ich entschied mich für ein Stück Käsekuchen, der sehr lecker war.

Am Nachmittag gab es dann Programm für die Assistenten aller Länder zusammen. Das war ja mal sinnvoll… Wir sollten ein Speed-Dating vorbereiten. Dazu sollte sich jeder von uns seine Trauminsel für einen Urlaub überlegen und dann fünf Leute „daten“, um herauszufinden, wer die ideale Begleitung ist. Das ganze sollte eine sinnvolle didaktische Übung darstellen, die uns einen Anstoß geben sollte für unseren eigenen Unterricht. Prinzipiell war die Übung in unserem speziellen Fall auch nicht so schlecht, denn zum einen sprechen wir Assistenten gut genug Französisch, damit eine flüssige Unterhaltung möglich ist, zum anderen kannten wir uns nicht und die Gespräche waren daher nicht allzu albern. Ich hatte so die Möglichkeit, mich mit zwei Amerikanerinnen, einer Jamaikanerin, einem Argentinier und einer Mexikanerin zu unterhalten. Aber wie soll so etwas in einer Deutschklasse funktionieren, wo man froh sein muss, wenn sie mal einen ganzen Satz korrekt hinbekommen? In den letzten Jahren war dieses Nachmittagsprogramm wohl für die einzelnen Sprachen unterteilt und damit konkreter. Das wäre auch hier besser gewesen, denn so war es schlussendlich ziemlich albern und vor allem unnötig. Bislang hat mir hier ja im Grunde alles gefallen, dieses stage in Besançon ist daher im Grunde das erste, wovon ich ein negatives Fazit ziehe…

Ingesamt ließ sich der Tag dann aber doch noch zum Positiven wenden. Nach dem Ende des stage überredete Betsy mich, noch in die Innen- bzw. Altstadt von Besançon zu gehen. Ich hatte eine Deutsche kennen gelernt und mich auch sehr gut mit ihr verstanden, die in Besançon wohnte und sich daher ein klein wenig auskannte. Sie kam mit uns, lotste mich zuerst zu einem Parkplatz unmittelbar im Zentrum (der überraschend billig war; in Mannheim kann da höchstens der in B6 mithalten) und zeigte uns dann auch noch ein wenig die Stadt.

Was soll man sagen? Besançon ist unglaublich toll. Die Innenstadt ist nicht besonders groß, sodass man sie in wenigen Minuten durchquert hat. Sie liegt in einer Schleife des Flusses Doubs, sodass sie fast komplett vom Wasser umschlossen ist. Die ganzen Gebäude sind echt schön und es hat viele eher kleine Geschäfte und auch Cafés. Auch die Getränke sind nicht teuer; man kann sagen, dass es nicht überall in Frankeich teuer ist (ich muss zugeben, dass ich da ein bisschen von Paris geprägt war). Eigentlich ist es ein bisschen schade, dass ich fast 80 Kilometer von Besançon weg bin, denn da würde ich auf jeden Fall öfters hingehen. Aber ich denke, dass ich das auch so machen werde, beispielsweise an Wochenenden oder an jedem Mittwoch, weil ich da ja auch nix habe.

 

Inzwischen sitze ich im BMC und schreibe hier. Fußball läuft leider nicht, aber was soll’s. Immerhin Internet. Und da ich noch ein bisschen bleiben möchte, schreibe ich einfach noch ein wenig weiter.

Was hier in Frankreich auch spannend ist, ist das Einkaufen. In Lure hat es eine gute Auswahl an Supermärkten, darunter auch die günstigen Alternativen Aldi und Lidl. Lidl hat die deutscheste Produktpalette, habe ich festgestellt. Ein typisch deutsches Produkt ist beispielsweise Apfelschorle, die habe ich bislang nur dort gefunden. Es ist genau die selbe Marke wie beim deutschen Lidl und die Flaschen sehen auch genau so aus. Einziger Unterschied: Kein Pfand. Diese Tatsache ist toll, aber wenn man als Deutscher Pfand gewohnt ist, auch ein wenig ungewohnt. Gerade in den allerersten Tagen habe ich immer mal wieder den richtigen Zeitpunkt verpasst, eine Flasche wegzuwerfen. Immerhin habe ich inzwischen wieder einen Grund zum Behalten, denn auch hier recyclet man inzwischen. Und da der entsprechende Container nicht gerade auf einem meiner täglichen Wege liegt, kann ich die Flaschen jetzt wieder sammeln, um sie wegzuwerfen.

Was hier auch nicht leicht zu bekommen ist, ist Hackfleisch. Bei Leclerc gibt es oft nur etwas namens „farce à tomate“, etwas, was bereits irgendwie gewürzt ist. Und wenn man norales „viande haché“ bekommt, ist es sehr teuer. Auch hier schafft Lidl Abhilfe, 500g Hackfleisch sind hier nicht nur ständig im Sortiment, sondern auch mit 2,49 Euro nicht so extrem viel teurer als in Deutschland. Lidl wird wohl schlussendlich zu meinem Standardsupermarkt werden.

Zu Leclerc würde ich ja auch öfters gehen, aber der liegt so abseits. Gerade momentan verbinde ich Einkaufen ganz gerne mit Internet, und Lidl liegt fast neben McDonalds und dem Gratis-W-LAN, welches auch vor der Tür funktioniert, wodurch ich nicht immer was kaufen muss. Leclerc (und auch Aldi) sind leider in dem zweiten Gewerbegebiet in Lure, weswegen ich da nur zu besonderen Anlässen hinfahre, etwa, wenn ich nach Hause fahre, um tolles Gebäckzeugs wie etwa Eclairs mitzubringen. Da hat Leclerc eine unglaubliche Auswahl und alles sieht sensationell gut aus. Extrem teuer ist es auch nicht; für zwei Eclairs bezahlt man 2,50 Euro. Und die Dinger sind es echt wert.

Auch immer schön ist es, im Regal mit dem Pudding und ähnlichem zu stöbern. Da könnte ich auch jedes Mal etwas Neues kaufen. Die ersten Monate hier in Frankreich werden wohl nur aus Probieren bestehen.

Nervig ist hier dagegen das Bezahlen. Das dauert. Und dauert. Und dauert… Das ist echt unglaublich. Ein Grund dafür sind die kurzen Kassenbänder. Ihr kennt ja die Länge der Teile in Deutschland. Hier sind die maximal halb so lang, was etwas kontraproduktiv ist, wenn man bedenkt, dass Franzosen nur den Großeinkauf kennen (vielleicht lebt man hier in ständiger Angst vor einem Atomkrieg und will zumindest versorgungstechnisch vorbereitet sein!?). Dann sind die Kassierer langsamer, man redet mehr miteinander und am Ende des Kassiervorgangs wird, natürlich erst, nachdem man den Einkaufwagen wieder gemütlich eingeräumt hat, noch ein Scheck ausgeschrieben (die sind hier noch sehr verbreitet). Und man selbst steht dahinter und wartet sich kaputt.

Lustigerweise haben die Kassenbänder bei Aldi und Lidl die deutsche Länge. Hoffentlich orientieren sich die anderen Läden daran und das ändert sich mit der Zeit.

 

Da hier in der Bar ein Musiksender läuft, habe ich gerade eine neue französische Sängerin entdeckt: Joyce Jonathan. Geboren am 3. November 1989. Jünger als ich. Immer mehr Popstars und sogar Fußballspieler sind älter als ich. Eine Karriere als U-Nationalspieler kann ich mir jetzt schon abschminken. Ich glaube, ich werde alt…

  1. 9. Oktober 2010 um 08:06

    Da hast du aber Glück, dass Lidl bei dir die gleichen Preise ausschreibt wie in Deutschland. Hier unten im Süden ist selbst Lidl viel teurer als zu Hause -.-

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